Am letzten Sonntag kaufte ich mir mal wieder eine MOPO. Aufgrund der Schlagzeile zuckte es in meinen Fingern und ich begann zu twittern:
Ob die @mopo ihr Steilshoop-Bashing auch dann betreiben würde, wenn sie wüsste, wie schwer es ist, gegen diese Stigmatisierungen zu kämpfen?
Kurz danach erhielt ich die Antwort der MOPO:
mopo@cheeder Was denn für ein Steilshoop-Bashing? Die Geschichte könnte natürlich auch in Stellingen spielen. Laura kommt aber aus Steilshoop.
Daraufhin antwortete ich:
@mopo Es ist ein Unterschied, ob man „Steilshoop“ in diesem Zusammenhang auf die Titelseite zerrt oder dies nur im Artikel erwähnt.
Antwort der MOPO:
mopo@cheeder Wir „zerren“ keine Stadtteile auf die Titelseite. Das „Wo“ gehört zur Schlagzeile. Das machen wir mit Eppendorf nicht anders.
Danach wieder ich:
@mopo Such im Mopo-Archiv mal nach Steilshoop. Gemessen an den Ergebnissen braucht man hier eine schußsichere Weste. Das ist imageprägend.
Daraufhin erhielt ich keine weiteren Mitteilungen, was ich dem tapferen MOPO-Twitterer nicht zum Nachteil auslegen möchte. Schließlich ist es auch nicht einfach, ein solches Thema mit jeweils maximal 140 Zeichen zu diskutieren; schon gar nicht an einem Sonntagnachmittag. Und ich habe mich gefreut, überhaupt Antwort zu erhalten.
Für diejenigen, die gerade keine Zeit oder Lust haben, im MOPO-Archiv zu suchen, liste ich hier mal die letzten sieben Schlagzeilen auf, die man dort unter dem Suchwort „Steilshoop“ findet:
- „Ich trinke, damit ich weinen kann“
- Rechtsradikale greifen Infostand an
- Ein mildes Urteil für die Mutter, die ihre Tochter tötete
- Junge tötet Nachbar
- Mord am Appelhoffweiher
- Mann (28) überfiel 16 Tankstellen
- Schüsse auf Autokäufer
Ich glaube nicht, dass am Sonntag „Steilshoop“ nur deswegen auf der MOPO-Titelseite stand, weil Laura nun einmal von dort kommt. Ich bin eher der Meinung, dass hier mal wieder der Name unseres Stadtteils als auflagensteigerndes Reizwort mißbraucht wurde.
Einige werden sich noch daran erinnern, wie wir in den 90ern gegen Hetzkampagnen von BILD, RTL Exklusiv etc. und Schlagzeilen wie „Bombenterror in Steilshoop“ kämpften und in Sorge um den Ruf unseres Stadtteils Unterschriften sammelten. Einen negativen Artikel kann auch Steilshoop ertragen. Unerträglich wird es allerdings für diejenigen, die sich für einen Stadtteil einsetzen, wenn Journalisten ständig auf einen Stadtteil einprügeln und keinen Gedanken mehr daran verschwenden, was sie damit anrichten. Steilshoop bietet genug Quellen für Berichte über tolle Menschen und tolle Projekte, die ohne Pistolenkugeln auskommen. Eine ausgewogene Berichterstattung über Steilshoop ist möglich und auch nicht schwer!
Inzwischen bekam ich Rückmeldung von weiteren „Opfern“ der Hamburger Presse aus „Problemvierteln“, denen es so ähnlich geht wie uns Steilshoopern. Möglicherweise verschaffen wir unserem Ärger in Zukunft auch einmal gemeinsam Luft.
Das eigentliche Problem, welches im MOPO-Artikel zur Sprache kommt, will ich an dieser Stelle trotzdem nicht vergessen. Verschiedene bezirkliche und Bürgerschaftsausschüsse beschäftigen sich immer wieder mit dem Problem (Kinder-)Alkoholismus. Jedoch sollte man die Sachlage im wahrsten Sinne des Wortes „nüchtern“ betrachten, wie dieser Artikel empfiehlt:
http://www.bildblog.de/7793/im-rausch-der-schlechten-zahlen/
Update:
Dass Laura aus Steilshoop sei, war für die MOPO von einer so großen Wichtigkeit, dass dies unbedingt in die Schlagzeile gehörte. Im Artikel war dies dann nicht mehr so wichtig, denn dort kommt Laura plötzlich aus Barmbek:
Das war der Beginn ihrer Promille-Laufbahn, die im Januar auf der Intensivstation des Kinderkrankenhauses Wilhelmstift einen traurigen Höhepunkt fand. 3,0 Promille hatte das zierliche Mädchen aus Barmbek im Blut.“